"Wie demografische Trends den Immobilienmarkt künftig verändern" - Interview mit Jan Grade (empirica regio)
Shownotes
In dieser Episode von "Fundament und Finanzen" begrüßt Daniel Korth Jan Grade, den Geschäftsführer von empirica regio, zu einem aufschlussreichen Gespräch über die aktuellen Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt. Gemeinsam beleuchten sie Themen wie die Binnenwanderung, das Zinsumfeld und die Auswirkungen des demografischen Wandels.
Jan Grade teilt wertvolle Einblicke in die Datenanalysen von empirica regio und erläutert die regionalen Unterschiede, die sich auf dem Wohnungsmarkt abzeichnen. Zudem spricht er über die Herausforderungen beim Neubau und gibt Prognosen zur zukünftigen Immobilienentwicklung in Deutschland.
Hier sind die Schwerpunkte der Episode:
Marktumfeld 2024: Jan Grade erklärt, dass wir uns in einer Talsohle befinden, wo die Nachfrage weiterhin hoch ist, jedoch der Neubau stark rückläufig ist. Die Genehmigungszahlen für neue Bauprojekte sind dramatisch gesunken, mit einem Rückgang von 54 Prozent im Vergleich zu 2020.
Einfluss der Baukosten: Die Baukosten sind durch verschiedene Krisen, einschließlich der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg, gestiegen. Dies hat dazu geführt, dass sich Neubauprojekte oft nicht mehr rentieren.
Mietpreisentwicklung: Mit dem fehlenden Neubau steigen die Mieten in vielen Städten stark an. Jan Grade berichtet von einem Anstieg der Angebotsmieten um durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr in den letzten zwei Jahren.
Suburbanisierung: Der Trend der Suburbanisierung nimmt zu, da immer mehr Haushalte, insbesondere Familien, aus den Städten ins Umland ziehen, um günstigeren Wohnraum zu finden. Dies hat auch Auswirkungen auf die Altersstruktur in den Städten.
Leerstand in ländlichen Gebieten: Das Thema Leerstand wird ausführlich behandelt. Jan Grade betont, dass in vielen ländlichen Regionen ein Überhang an Wohnraum besteht, während in den Kernstädten die Leerstände auf einem rekordniedrigen Niveau liegen.
Zukunftsausblick: Abschließend wagt Jan Grade einen Blick in die Zukunft des Immobilienmarktes. Trotz der aktuellen Herausforderungen gibt es Ansätze für eine positive Entwicklung in den kommenden Jahren, wenn politische Rahmenbedingungen angepasst werden.
Weiterführende Informationen
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Daniel Korth: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Fundament und Finanzen, dem Podcast vom Informationsportal Wohnen und Finanzieren. Mein Name ist Daniel Korth und in der heutigen Episode geht es gleich um mehrere spannende Themen aus dem Immobilienbereich. Dazu gehören unter anderem die Entwicklung des Marktumfelds bei Immobilien die Binnenwanderung Und das Thema Leerstand in Deutschland. Über diese Themen spreche ich mit Jan Grade, dem Geschäftsführer vom Wirtschafts und Immobiliendatenanbieter Empirica Regio. Bevor wir direkt ins Gespräch einsteigen, aber erstmal herzlich willkommen im Podcast, Herr Grade. Schön, dass Sie da sind. Jan Grade: Ja, hallo, ich freue mich dabei zu sein. Daniel Korth: Ja, mich freut es auch und das ist ja auch ein sehr spannendes Thema, über das wir heute sprechen. Lassen Sie uns aber erstmal über Empirica Regio sprechen. Was steckt denn genau Ja, Jan Grade: also die Empirica Regio GmbH ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Empirica AG. Wir verstehen uns als Datenspezialisten, als Datendienstleister. Das heißt, bei uns fließen alle Datengrundlagen die wir so im Hause Empirica haben, zusammen.
Alle Methoden unsere Prognosen, alles,: was wir in Immobilienpreisen, Mieten Kaufpreisen sammeln oder Leerstandsdaten Das packen wir alles in unsere große Regionaldatenbank und die bieten wir dann wiederum auch Kunden an, die den Zugang haben, die sich da halt Marktdaten abfragen können für ihre Marktberichte, für Research und für andere Zwecke. Und wir sind sozusagen die Datenspezialisten bei uns. Und die Empirica AG, so als Mutterunternehmen, ist ein Forschungsberatungsinstitut das es schon seit 1990 gibt, das viel für öffentliche Auftraggeber arbeitet, aber auch für die Wohnungswirtschaft, für Verbände, für Bausparkassen und Banken Und wir sind sozusagen ausgegründet aus der Empirica G als Eintochterunternehmen. Daniel Korth: Und wie groß ist jetzt diese Empirica Regionaldatenbank? Wie kann ich mir das vorstellen? Jan Grade: Ja, also ich habe heute Morgen nochmal reingeschaut Wir sind jetzt mittlerweile bei über 220 Millionen Datenpunkten. Das heißt aber... Ganz konkret, wir haben ein großes Set an Indikatoren, das sind mittlerweile eine vierstellige Anzahl Indikatoren.
Das können sein die Bevölkerungsentwicklung, Wanderungszahlen, Alterszahlen, das sind Arbeitsmarktdaten: Wirtschaftszahlen wie das BIP oder Einkommen, Mieten, Kaufpreise Leersteine. Also ganz viele Indikatoren, die den Kontext zum Wohnungsmarkt, zum demografischen Geschehen in Deutschland beschreiben und auch zur Wirtschaft. Und ganz viele Daten, die wir dann selber berechnen und das sozusagen betrachten Ist die Empirica Regionaldatenbank. Die meisten Daten liegen auf Gemeinde und Kreisebene vor, also sind regionale Daten und auch als Zeitreihe Das heißt, wir können auch in die Vergangenheit schauen und bei den Prognosen können wir auch in die Zukunft schauen, in die Glaskugel sozusagen bis 2045 zum Teil. Daniel Korth: Okay, das wollen wir heute zum gewissen Teil auch machen, in die Zukunft gucken. Lassen Sie uns aber erst mal über das Marktumfeld 2024 sprechen. Das Thema Marktumfeld ist ja gerade in diesem Podcast immer wieder ein sehr großes Thema gewesen. Wir haben sehr viele Änderungen in den vergangenen Zeiten Zwei, drei Jahren gehabt im Immobilienbereich. Wie sieht denn das Marktumfeld jetzt Ende des Jahres 2024 aus?
Jan Grade Ja, also wir denken, wenn man so die verschiedenen Statistiken sich anschaut und sich auch die Preisentwicklung anschaut wir: sind sozusagen mitten in einer Talsohle. Manche diskutieren ist das schon das Ende der Talsohle, geht es wieder aufwärts Ich finde, das ist noch ein bisschen früh, um das so genau zu bezeichnen, aber in der Talsohle sind wir definitiv. Wir haben sozusagen ein disruptives Zyklusende hinter uns. Wir hatten ja lange Zeit Aufschwung mit stark steigenden Preisen, mit einer hohen Nachfrage, die wir nach wie vor haben. Aber eben diesen massiven Einbruch in verschiedenen Statistiken insbesondere beim Neubau Also was wir besonders sehen und was auch ein echt großes Problem ist, hat, dass der Neubau so stark eingebrochen ist. Insbesondere im Bereich der Genehmigung und bei den Bauaufträgen, also das, was sozusagen im Vorfeld vom eigentlichen Neubau passiert und beim Neubau selbst sehen wir das aktuell. Wir sehen es noch nicht so stark bei den Baufertigstellungen, das kommt immer erst nachgelagert, das sind dann noch der Blicke zurück.
Das wird dann in ein, zwei Jahren noch mal deutlicher werden, wenn wir dann auf die Baufertigstellungen schauen, die sind noch relativ stabil in 2023 gewesen. Das ist aktuell die Statistik die wir da haben.: Aber nur um sozusagen eine Zahl auch mal zu nennen, wenn wir Von Januar bis September 2024 schauen, bei den Baugenehmigungen was pro Monat im Schnitt genehmigt wurde, im Vergleich zu 2020, also als wir sozusagen in der Hochphase noch waren, da haben wir einen Einbruch von 54 Prozent. Also wir genehmigen weniger als die Hälfte pro Monat was wir 2020 pro Monat genehmigt haben. Das ist schon enorm. Und das Problem bei diesen Genehmigungen ist, das ist ja das, was in... Ein, zwei, drei, teilweise fünf Jahren erst auf den Markt kommt. Also das, was heute nicht genehmigt wird, kann halt in drei, vier, fünf Jahren nicht fertiggestellt werden. Das ist halt schon ein erhebliches Problem. Was auch noch wichtig ist, so das Zinsumfeld, ist natürlich auch immer viel diskutiert Wir haben da natürlich jetzt eine leichte Entspannung. Die Zinsen in der Wohnbaufinanzierung sind etwas gesunken. Das mit leichten oder zunehmenden Steigerungen bei den Einkommen sorgt dafür, dass die Haushalte zum Teil wieder ein bisschen mehr Beinfreiheit haben bei der Finanzierung von Eigentümen.
Das: ist sozusagen ein bisschen positives Licht, was wir so am Ende des Jahres beobachten können. Aber wir haben eben noch ein ganz großes Problem und das hängt auch mit dem Neubau zusammen. Wir haben das Problem der Knappheit, das wir nach wie vor nicht gelöst haben. Wir stehen halt immer noch in einem Nachfragezyklus wo wir immer noch einen starken Zuzug in die Städte haben. Auch hohe Auslandszuwanderung und dem gegenüber steht halt jetzt ein geringer Neubau Der nochmal zurückgehen wird und sozusagen ein fehlendes Wohnungsangebot in den gefragten Märkten. Und das sieht man dann im Resultat zum Beispiel an den Mieten, die in den letzten zwei Jahren ja viel stärker gestiegen sind als in den Jahren davor. Das ist immer ein sehr guter Indikator. Ein anderer Indikator ist der Leerstand, der ist in den Kernstädten auf einem rekordniedrigen Niveau.
Daniel Korth Das vertiefen wir ja gleich nochmal. Jetzt haben Sie eben den extremen Einbruch beim Wohnungsbau schon angesprochen Und man sieht an Ihrer Grafik sehr gut, dass die Baukosten 2022 sehr stark angestiegen sind, also wirklich nach oben gegangen sind.: Ist das der alleinige Grund, dass es jetzt so hinterherhinkt oder gibt es da noch weitere Gründe Jan Grade: Nein die Baukosten waren sozusagen ein frühes Signal. Das sind ja auch schon in sozusagen Nachwehen von Corona und dann mit der Ukraine-Krise und mit dem Kriegsbeginn zum Teil die Baukosten explodiert. Da hatten wir beim Holz, ich hatte nochmal nachgeschaut, wir hatten bei Holz teilweise Preissteigerungen von mehr als Verdopplung also irgendwie 220 Prozent zum Vor-Corona-Niveau Da sind teilweise die Indizes hochgeschreckt Wir haben jetzt beim Holz sind wir noch ungefähr 25 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau Also da sind die Preise auch wieder zurückgegangen Wir haben da bei einzelnen Segmenten Bei den Materialien extreme Preisentwicklung auch da, wo energieintensive Materialien wie Zement sind, da haben wir natürlich auch höhere Preisentwicklung gehabt.
Aber das alleine erklärt diesen Einbruch nicht. Das ist ein Baustein und da gibt es eine ganze Reihe von weiteren Gründen die alle jetzt zusammenspielen. Also wir haben ein sehr hohes Grundstückspreisniveau Bedingt durch Knappheit am: Grundstücksmarkt, aber eben auch durch die hohe Nachfrage. Das heißt, die Baulandpreise sind auf einem sehr hohen Niveau in den Kernstädten. Wir haben gestiegene Finanzierungskosten, das spielt auch eine wichtige Rolle. Natürlich auch für die Projektentwickler, auch für die Investoren, die zwischenfinanzieren müssen zum Beispiel, ist das ein Kostenfaktor Wir haben die Auflagen im Wohnungsbau. Also wir haben einfach einen sehr hohen Anspruch sowohl was die Auflagen angeht als auch von Nutzerseite an Neubau zum Beispiel. Ich meine, heute würde keiner mehr einen einfachen Fußboden legen beim Neubau. Es muss halt dann schon richtig guter Parkettboden sein, vielleicht noch Vinyl, aber... Unsere Ansprüche sind einfach an den Wohnungsbau sehr hoch geworden und das zum Teil eben auch in Auflagen, was energetischen Standard angeht was Lärmschutz angeht was Feuerschutz angeht und so weiter.
Also das spielt alles mit in die Kosten rein. Dann haben wir hohe Planungskosten, wird auch immer viel diskutiert Wir haben ja eine ganze Reihe von Landesbauordnungen mit teilweise unterschiedlichen Standards. Jedes Objekt muss einzeln genehmigt: werden. Das kostet auch wieder Geld. Also auch da haben wir hohe Kosten. Und im Ergebnis kommen wir dann, je nach Rechenmodell, aber in jedem Fall über 20 Euro den Quadratmeter Miete für eine Kostenmiete. Das heißt, überhaupt einen aktuellen Neubau, damit der sich rechnet, müsste ich mehr als 20 Euro Miete pro Quadratmeter nehmen. Das geht nur in ganz wenigen Lagen und auch nur für eine sehr kleine Gruppe an Haushalten, die sich das leisten will. Das heißt im Ergebnis, Die ganze Gemengelage zusammen führt dazu, dass Neubau sich aktuell nicht rechnet und das Ergebnis ist, dass Projektentwickler gerade nicht entwickeln und das, was noch im Bau ist, wird zum Teil fertiggestellt, aber es kommt dann eben wenig Neues auf den Markt und da ist auch nebenbei der Eigenheimmarkt mit den ein oder zwei Familienhäusern ist auch eingebrochen. Also einfach aktuell rechnet sich der Neubau nicht. Und da wäre zumindest die Hoffnung, dass sich in den nächsten ein, zwei Jahren da wieder mehr Entspannung einspielt. Aber dafür müsste auch eine ganze Menge passieren.
Daniel Korth Jetzt haben Sie eben die Ein- und: Zweifamilienhäuser schon angesprochen. Ist das auch der Grund, warum da der Kaufpreis so stark gefallen ist im Vergleich jetzt zur Eigentumswohnung? Oder gibt es da einen anderen Hintergrund? Jan Grade: Ja, also man muss ein bisschen differenzieren zwischen Neubau und Bestand. Wenn wir uns den Neubau anschauen, dann sehen wir eben bei den Eigentumswohnungen, die wir beobachten, dass die Preise nicht so stark zurückgegangen sind. Da beobachten wir aber vorwiegend städtische Lagen. Also Eigentumsprojekte werden in der Regel in Städten gemacht. Und da ist natürlich für den Vertrieb am Ende auch schwierig. Er kann da nicht den Kaufpreis beliebig senken weil sozusagen die Projekte ja schon vor drei oder fünf Jahren geplant wurden zu damaligen Kosten, in der Zwischenzeit gebaut wurden zu gestiegenen Kosten, wenn sie jetzt vermarktet werden müssen.
Und das ist das, was wir beobachten Wir beobachten Inserate. Das heißt, wir sehen das, was online gestellt wird. Und da gibt es dann wenig sozusagen Rabattmöglichkeiten oder man kann dann nicht mehr so viel am Kaufpreis auch ändern. Dann ist der Neubau relativ stabil. Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern da haben wir einen etwas stärkeren Rückgang bei Neubau inserierten: Objekten beobachtet Was man vielleicht zum Teil dadurch erklären kann, dass Anbieter von Neubau-Eigenheimen vielleicht auch in den Angeboten einige Ausstattungsstandards sozusagen versteckt haben, rausgenommen haben, vielleicht die Angebote ein bisschen vereinfacht haben. Optionale Zusatzkosten, das ist dann eine oder andere, kommt dann on top. Das steht aber nicht im Inserat. Und es ist auch vielleicht ein Teil mehr ländlicher Raum, wo die Nachfrage nicht ganz so groß ist, wo auch die Grundstückspreise ein bisschen günstiger sind, einige andere mehr Das städtische Projekt ist vielleicht auch gar nicht gemacht worden mit den höheren Preisen. Also das ist so eine Mischung, dass einfach verschiedene Segmente da im Zeitraum vielleicht beobachtet werden. Und die ganz starken Rückgänge hatten wir ja zwischenzeitlich in den Bestandsobjekten und nicht im Neubau. Also da ist halt auch mal eine stärkere Differenzierung. Da haben vorhin Objekte mit energetisch schlechtem Standard, mit einem hohen Sanierungsstau Die halt noch mal deutlich günstiger angeboten wurden, als das vor vier, fünf Jahren der Fall war.
Daniel Korth Jetzt hat der fehlende Neubau ja in den: Städten einen ganz starken Einfluss auf die Angebots und Bestandsmieten. Wie hat sich dieser fehlende Neubau konkret jetzt bei den Mieten ausgewirkt? Jan Grade: Ja, also es ist erstmal eine Verknappung des Angebots Das ist erstmal der entscheidende Punkt. Also wir können ja sozusagen das Angebot nur vergrößern Entweder ziehen Haushalte weg oder wir schaffen halt zusätzliche Wohnungen. Und beides passiert derzeit sehr unterschiedlich. Also neue Wohnungen kommen wenig auf den Markt. Und Familien oder größere Haushalte oder Haushalte mit einem höheren Budget, die sich das auch leisten können und wollen, kommen derzeit halt nicht zum Zug, weil sie finden keine Neubauobjekte Die, die sie finden, sind relativ teuer und die Finanzierung ist halt auch sehr teuer. Haben derzeit sozusagen dieses Neubausegment ein Stück weit rausgenommen aus dem Markt. Und das ist schon auch immer eine gewisse Entspannung. Also wenn wir immer stetig Neubau zuführen, haben wir immer wieder Haushalte die Neubau ziehen, die andere Wohnungen freimachen. Das kann dann derzeit nicht passieren.
Diese: Haushalte schauen sich im Bestand um. Das heißt, der Druck auf den Bestand steigt nochmal. Zusätzlich haben wir immer noch den Zuzug in die Städte. Also ganz verschiedene Zielgruppen suchen halt im Bestand nach Wohnraum. Und Bei einem verknappten Angebot einer höheren Nachfrage steigen in der Regel halt die Preise. Und das ist das, was wir eben beobachten Die Mieten seit zwei Jahren sind überdurchschnittlich gestiegen, stärker als in all den Jahren davor. Also wir hatten bei all dieser Hochkonjunkturphase mit... Einen relativ guten Neubau auch nicht viel Neubau, aber mengenmäßig doch mehr Neubau. Bei einem starken Zuzug in die Städte und bei stark steigenden Kaufpreisen hatten wir einen relativ kontinuierlichen Anstieg von Mieten mit 1, 2 3 Prozent pro Jahr bei den Angebotsmieten. Und jetzt sind wir eher bei 5 Prozent pro Jahr. Das ist dann schon nochmal eine deutliche Steigerung. Daniel Korth: Und welche Auswirkungen haben jetzt der fehlende Neubau und die hohen Mieten auf die Binnenwanderung? Haben Sie da einen Effekt verstehen können?
Jan Grade Ja, also das ist eigentlich ein Effekt den wir: schon seit einigen Jahren verstärkt beobachten. Der zentrale Begriff ist Suburbanisierung. Also das ist etwas, was wir immer in solchen Phasen haben mit hoher Nachfrage, dass natürlich zunehmend solche Haushalte die sich stark vergrößern wollen, aussteigen Dorthin ausweichen, wo die Preise günstiger sind oder das Angebot auch größer ist. Das heißt, wir sehen in den Wanderungszahlen ganz klar aus den Kernstädten eine starke Abwanderung von Familien in das Umland. Wir sehen aber auch zum Teil eine Abwanderung von älteren Menschen, nicht nur in das Umland, die gehen dann auch an den Alpenrand oder an die Nordsee oder an die Ostsee. Aber auch das kann man beobachten. Und was ganz interessant ist, wir haben immer einen stetigen Zustrom von jungen Menschen in die Städte also von ab 18 bis 25.
Aber was wir etwas weniger haben, als es in den Vorjahren der Fall war, ist ein Zuzug von den 25- bis unter 30-Jährigen. Das ist eigentlich die Altersklasse, die wir so typischerweise als Berufseinsteiger bezeichnen. Also die, die neu in die Städte auch zuziehen, aus den Unistädten aus der Ausbildung einen neuen: Job antreten wollen. Und auch die... Gehen in einigen Regionen verstärkt in das Umland. Also wir haben so eine unfreiwillige Suburbanisierung einiger Gruppen die eigentlich typischerweise auch in die Kernstädte gehen würden. Und das kann man eben in den Wanderungszahlen deutlich absehen, dass wir da so einen Trend haben, mehr Suburbanisierung seit einigen Jahren und jetzt auch ein etwas reduzierter Zuzug von eigentlich typischen Gruppen Zu Wanderern für die Kernstädte. Daniel Korth: Und wie haben sich die Nachfragegruppen jetzt in den vergangenen 20 Jahren verändert? Gab es da auch so Den Sie beobachten konnten? Jan Grade: Ja, also wir haben in den letzten 20 Jahren einige wichtige Phasen gehabt, was die Zuwanderung angeht, sowohl innerhalb von Deutschland, die Binnenwanderung als auch die Außenzuwanderung.
Und das hat natürlich massiven Einfluss auf die Nachfrage gehabt. Und immer im Hintergrund schwingen immer so demografische Zyklen mit. Also auch die Demografie läuft nicht linear, sondern immer in Zyklen, weil wir geburtenstärkere Jahrgänge haben und dann wieder deren Kinder wieder auch: geburtenstärkere Jahrgänge bilden Sodass wir immer wieder mal so Nachfrage-Peaks haben. Und das hat sich zum Teil auch überlagert Das ist auch mit ein Grund, warum wir in den 10er-Jahren sozusagen diese starke Nachfrage in den Städten auch mit hatten. Wir hatten eine EU-Zuwanderung die sich verstärkt hat, durch die Binnenwanderung innerhalb der EU, durch Schengen-Abkommen, dadurch, dass wir die Südost-Ostabkommen Hatten, Arbeitskräfte verstärkt nach Deutschland kommen konnten. Dann hatten wir die Finanzkrise 2008 und die Wirtschaftskrise danach. Da hatten wir eine verstärkte Zuwanderung aus Südeuropa Wir hatten dann die Kinder der Babyboomer, die in die Städte gegangen sind zum Studieren. Wir hatten teilweise doppelte Abijahrgänge. Also sozusagen eine Gemengelage, wo wir ganz viele Nachfrager hatten, die halt gezielt in die Städte wollten.
Und sich da stärker konzentriert haben. Wir haben das dann auch, also mein Kollege Professor Harald Simons hat das dann Schwarmwanderung genannt also diesen Binneneffekt wo die jüngeren Menschen sich stärker auf die Städte konzentrieren, was wir auch so ein Stück weit damit in Zusammenhang setzen,: dass in einigen Regionen die Zahl der jungen Menschen immer kleiner wird und man dann auch gezielt dorthin geht, wo andere junge Menschen sind. Für Studium für Ausbildung und davon haben ja auch Unistädte profitiert die vorher teilweise geschrumpft sind. Also auch in Leipzig oder in Halle oder in Magdeburg hat wieder eine verstärkte Zuwanderung gehabt, auch durch Studierende. Und vorher waren das Städte die zum Teil geschrumpft sind. Also da haben wir sozusagen diesen Binnenwanderungseffekt und gleichzeitig diese starke Außenwanderung Die Außenwanderung hat sich ein bisschen reduziert, die EU-Zuwanderung ist nicht mehr so stark.
Dann haben wir aber noch sozusagen als Zusatzeffekt immer wieder Wellen und das werden wir auch in Zukunft wahrscheinlich immer wieder erleben, von Geflüchteten dann hatten wir den Ukraine-Krieg, massiven Zuzug von über einer Million Menschen im Jahr 2022. Also sozusagen auch nochmal eine Zusatznachfrage die dann auf den Wohnungsmarkt kommt, die teilweise kurzfristig vom Wohnungsmarkt quasi verarbeitet werden muss oder aufgenommen werden muss und sozusagen das, Treibt so ein bisschen die ganze Nachfrage mit an.: Daniel Korth: Ja, demografischer Wandel ist ja auch ein Schlagwort, was jetzt in den kommenden Jahrzehnten besonders stark zum Tragen kommt. Darüber habe ich ja auch in unterschiedlichen Interviews schon gesprochen. Wie sehen denn hier die Prognosen aus? Also hat das einen großen Effekt jetzt auf bestimmte Regionen in Deutschland? Jan Grade: Ja also wir werden, denke ich eine stärkere Polarisierung in Deutschland erleben. Die regionalen Unterschiede werden sich nochmal verstärken. Der Grund ist einfach eben, durch Binnenwanderung sind viele junge Menschen in die Städte gegangen. Auch das gehört zum demografischen Wandel. Wir haben nämlich zum Teil in den letzten Jahren aus meiner Sicht unterschätzt dass wir einen stärkeren Zuwachs von Familien in den Städten haben werden.
Wir haben immer beobachtet, junge Menschen gehen in die Städte Und wir werden mehr ältere Menschen haben. Also brauchen wir mehr kleine Wohnungen für junge Menschen und für ältere. Was wir vergessen haben, ist, dass die jungen Menschen auch älter werden und dann zum Teil Familien gründen. Und wir haben tatsächlich auch einen starken Zuwachs von Familien in den Kernstädten, was dann wiederum in dieser Suburbanisierung bündet Weil die zum: Teil dann eben aus der Stadt wieder rausgehen, wenn sie sich vergrößern wollen, weil sie in der Stadt gar nicht ein entsprechendes Wohnungsangebot finden. Also auch das gehört zum demografischen Wandel. Es ist nicht nur die Alterung der Gesellschaft, sondern eben auch in verschiedenen Generationen immer wieder ein gewisser Wandel, eine gewisse Verschiebung. Das heißt, heute stehen wir eigentlich so da, dass wir in den Städten mehr Familien haben, als wir das vor 20 Jahren hatten. Und wir haben natürlich auch mehr ältere Menschen, einfach durch die Alterung. Dieser demografische Wandel läuft natürlich mit. Die größten Generationen die wir haben, die Babyboomer, sind jetzt kurz vor der Rente. Die haben sich zum Teil auch im Umland der Städte angesiedelt. Aber eigentlich in jeder Region haben wir diesen Effekt, dass wir jetzt mehrere große Jahrgänge haben, die in den nächsten Jahren in Rente gehen.
Da wird sich auch nochmal was verändern, was die Nachfrage nach Wohnraum angeht. Stichwort Barrierefreiheit Barrierearmut auch. Auch vielleicht erst noch ein paar Jahre, wo das nochmal stärker zum Tragen kommt, aber sozusagen zunehmend Nachfrage nach altersgerechtem: Wohnraum. Und halt immer wieder durch größere Generationen im Nachrang auch nochmal ein kleiner Nachfrageschub bei familiengerechten Wohnraum oder Wohnen halt für junge Menschen. Auch da wird es immer wieder mal auch in den zehn oder zwanzig Jahren sozusagen mal Peaks geben, wo wir vielleicht eine stärkere Nachfrage haben. Und dann kommt immer von außen dieser Außenwanderungseffekt. Und wenn wir eigentlich sagen, das IAB sagt, wir brauchen 400.000 Fachkräfte pro Jahr, Zuzug, dann brauchen wir auch nochmal Wohnraum für diese 400.000 Fachkräfte In manchen Regionen haben wir den, da brauchen wir Fachkräfte da haben wir viel Wohnraum, wir kommen ja noch zum Leerstand, aber in manchen Regionen haben wir den eben nicht.
Und sozusagen auch, das wird immer gerne herangezogen zum Beispiel der Busfahrer der Polizist die Krankenschwester in München, auch die braucht Wohnraum und da werden ja auch sicherlich einige Busfahrer gebraucht Das müssen wir mit verarbeiten und das ist dann aber auch wieder demografischer Wandel von morgen, weil wenn wir diese Menschen heute mit Ende 20, Anfang 30 nach Deutschland holen vielleicht auch mit Familie oder sie dann eine Familie gründen,: bildet sich da wieder eine Wohnungsnachfrage für die Zukunft nach zum Beispiel familiengerechten Wohnraum. Auch das muss man immer mitdenken. Es ist so ein stetiger Wandel mit natürlich einer Verschiebung zu mehr älteren Menschen. Daniel Korth: Wenn ich mir jetzt so die Empiriker-Bevölkerungsprognose anschaue, dann hat das ja einen sehr großen Effekt bis 2045 auf bestimmte Regionen. Welche Auswirkungen sind das genau? Jan Grade: Also wir werden, wie ich schon sagte, eine stärkere Polarisierung erleben Wir haben einige Regionen Die immer mehr von Abwanderung betroffen sind und gleichzeitig von der Überalterung der Gesellschaft. Weil da, wo viele junge Menschen weggezogen sind in Vergangenheit fehlen die sozusagen für die Familien von morgen.
Das ist natürlich durchaus ein Problem. Das sind halt so richtige Schrumpfungsregionen Und das Thema Schrumpfung, das hatten wir schon mal. Das ist gar nicht so lange her. In den Nullerjahren war das Thema Schrumpfung ein großes Thema. Da hatten wir ja zum Teil auch eine negative Außenwanderung. Und das Thema wird uns wieder: verstärkt einholen In manchen Regionen. Und gleichzeitig haben wir so diese starke Zuwanderung in die Städte gehabt, wo wir heute auch mehr junge Menschen haben, wo sich halt mehr Familien gegründet haben, wo sie auch im Umland der Städte durch diese Urbanisierung sozusagen auch neue Wohngebiete erschließen. Wo wir sozusagen auch dann für die Zukunft nochmal wieder einen stärkeren Zuwachs auch von jungen Menschen haben werden, aus diesen Haushalten heraus. Das ist sozusagen diese zunehmende Polarisierung, die sich bildet. Und das Problem ist auch ein Stück weit, wenn man einen Blick auf die Fachkräftezuwanderung, auch die werden natürlich zum Teil dahin gehen, wo sie gut bezahlt werden, wo sie vielleicht auch... Andere junge Menschen treffen. Wenn wir jetzt zum Beispiel an Studierende denken, die dann auch danach in den Beruf einsteigen wollen, auch das kann diesen Effekt nochmal verstärken.
Beziehungsweise manche Regionen werden vielleicht Probleme haben, auch Fachkräfte anzuziehen. Mehr ältere Menschen da sind, weil sozusagen dadurch auch ein Stück weit das Angebot eingeschränkt wird, weil die Nachfrage: nach bestimmten Angeboten Infrastruktur nicht mehr so groß ist und wir einen sehr ländlichen Raum haben, kann das halt sich durchaus in den nächsten Jahren immer mehr verstärken und diese sozusagen Niveauunterschiede gehen wir eigentlich davon aus, dass die sich verstärken werden. Daniel Korth: Ja, man sieht es ja hier auch an der Karte, also es ist vor allen Dingen Ost- und Mitteldeutschland, da ganze Landstriche sind da ja komplett rot. Jan Grade: Genau, das Entscheidende ist auch, es ist eben nicht nur Ostdeutschland. Auch da haben wir eine Polarisierung, also Berlin wächst ja unglaublich ins Umland, auch bei Leipzig oder Dresden haben wir mittlerweile so kleinere Speckgürtel, die sich wieder verstärkt bilden weil wir auch da eine gewisse Umlandwanderung haben aus diesen Städten heraus. Und demgegenüber stehen dann aber eben auch Regionen im Westen von Deutschland, das ist dann Nordhessen, Südniedersachsen und Ost-Nordrhein-Westfalen, das ist so eine größere teilweise zusammenhängende Region, wo wir doch auch sehr ländlichen Raum haben, wo sich sozusagen auch diese Effekte abspielen.
Wir haben das aber auch in Nordbayern zum Beispiel oder im Saarland. Also das gibt es in verschiedenen: Regionen in Deutschland, wo sich diese Effekte herausbilden Und das ist eben immer abseits der großen Städte und der Arbeitsmärkte Und selbst bei einer negativen Prognose, also wenn wir vom Worst-Case-Szenario mit einer geringen Zuwanderung ausgehen würden, dann bleiben halt sozusagen als Wachstumsregionen oder stabile Regionen am Ende nur übrig wahrscheinlich Regionen wie Hamburg, Berlin, Rhein-Main-Gebiet, Rheinschiene. München mit einem sehr großen Umland, natürlich bei München hat sich dieser riesige Speckgürtel gebildet, der mittlerweile in den zweiten, dritten Ring teilweise geht, oder auch Baden-Württemberg, also halt die wirtschaftsstarken Regionen, die werden sozusagen noch auf stabilen Niveau bleiben, weil sie heute auch schon die bessere Ausgangslage haben. Aber in allen anderen Regionen hängt sozusagen die Bevölkerungsentwicklung und damit auch Nachfrage zukünftig auch im Blick auf, wie sich Haushalte bilden ganz stark auch von der Außenwanderung ab.
Daniel Korth Dann kommen wir mal zum anderen großen Themenbereich von Ihnen. Das ist der Leerstandsindex. Der ist glaube ich relativ: aktuell jetzt rausgekommen für 2023, glaube ich. Wie hat sich der Leerstand denn in den letzten 20 Jahren verändert? Jan Grade: Ja, also der Index ist tatsächlich sehr aktuell. Den haben wir gerade erst aktualisiert. Und falls jetzt der eine oder andere Zuhörer die eine oder andere Zuhörerin sich fragt wo unsere Veröffentlichung ist, die wir jedes Jahr im Dezember machen, die werden wir dieses Jahr erst im März herausbringen. Hintergrund ist, dass wir nochmal eine größere Revision auf Basis des Zensus machen. Wir kommen ja auch gleich nochmal zum Zensus zum Sprechen. Aber wir haben jetzt schon die Zeitreihe schon mal aktualisiert mit den Daten wie wir es bisher gemacht haben und haben halt auch festgestellt, dass die Unterschiede zum Zensus nicht so groß sind.
Also wir haben mit unserer Zeitreihe etwas geschätzt was es halt sonst nicht gibt, weil es diese Leerstandsdaten... Im Zensus 2011 und im Zensus 2022 gibt, aber dazwischen gibt es keine flächendeckende und auch regionale Leerstandserhebung und das machen wir mit unserem Index und wenn man sich den anschaut dann sieht man eben, in den 2000er Jahren hatten wir etwas höhere Leerstände, insbesondere in den Städten man muss dazu aber: auch sagen, Mit einem regionalen unterschieden also auch bei den städten auch bei den landkreisen gibt es erhebliche unterschiede die gab es damals schon die gibt es auch heute noch bei den städten nicht mehr so stark weil da ist der lehrstand eben deutlich gesunken und das ist halt durch die zuwanderung über das was wir schon besprochen haben durch sozusagen diese nachfrage effekte auf die städte und auch auf deren umland ist der lehrstand massiv zurückgegangen wir haben eben nicht so viel gebaut Wie zugezogen sind, im Resultat ist der Leerstand einfach immer weiter zurückgegangen. Und das, was wir da beobachten ist ein sogenannter marktaktiver Leerstand. Das ist nicht der gesamte Leerstand, aber auch da kommen wir gleich nochmal drauf zu sprechen. Da kann man beim Zensus nämlich einige interessante Sachen rausziehen, was sozusagen zu den Gründen und warum ist Leerstand in welchem Bereich Umfang auch vorhanden Aber was man eben sieht, so der Leerstand, der eigentlich innerhalb von sechs Monaten bezugsfähig wäre und der nimmt halt immer weiter ab.
Und es gibt, je nachdem, wie man es definieren möchte, man sagt eigentlich so drei Prozent oder drei bis fünf Prozent Leerstand wären gut, um eine gewisse: Fluktuation am Wohnungsmarkt sicherzustellen. Also einfach, um Umzüge zu ermöglichen oder auch mal eine Wohnung instand zu setzen oder auch zu sanieren. Und weil ich teilweise Leerstände, marktaktive Leerstände von einem Prozent und weniger in den Kernstädten habe, und das gab es natürlich in der Form 2005 nicht, dann habe ich einfach schon Probleme bei der Fluktuation. Das erschwert einfach auch die Bewegung innerhalb einer Stadt, die durchaus nötig ist am Wohnungsmarkt. Daniel Korth: Und wenn wir jetzt mal vom Wohnungsmarkt weggehen, was besonders stark auffällt, wenn man jetzt so in den Fußgängerzonen in Deutschland da durchgeht, dass da sehr, sehr viel Ladenleerstand ist. Ist das auch in Ihrem Index mit drin oder sind das nur Wohnimmobilien? Jan Grade: Nein wir schauen ja wirklich den Wohnungsmarkt an und das ist auch sozusagen unser Kerngebiet. Daniel Korth: Okay, und was sind da die konkreten Gründe für den Leerstand?
Jan Grade Ja, also das ist immer ganz interessant, wenn man auf den Zensus 2022 schaut. Da wurden nämlich erstmals: Dauer und Gründe des Leerstands abgefragt. Also auch 2011 wurde der Leerstand abgefragt, aber eben nur einfach, ist eine Wohnung leerstehend oder nicht. Und diesmal hat man zum einen gefragt, wie lange steht die Wohnung leer? Drei Monate, sechs Monate, zwölf oder länger als zwölf Monate. Und man hat gefragt, was sind die Gründe dafür? Wobei diese Gründe sind es nicht unbekannt Kann man nicht perfekt interpretieren, weil es eine große Kategorie Sonstiges gibt, da komme ich gleich noch zu, aber was man halt sieht ist, wir haben einen großen Anteil des Leerstands der eigentlich nur kurzfristig leer steht oder bei den Gründen wird genannt maximal drei Monate. Das heißt eigentlich, das sind Wohnungen, die sind zum Beispiel, die werden gerade gestrichen da wird vielleicht das Bad erneuert und dann werden die wieder auf den Wohnungsmarkt zugeführt. Und das sieht man ganz gut auch im Stadt-Land-Gefälle in den Städten, das ist ein Großteil des Leerstandes Der zwar vorhanden ist, auf einem niedrigen Niveau, ist eigentlich dieser kurzfristig verfügbare Leerstand.
Dazu kommen auch so Dinge wie Baumaßnahmen oder so: was wie Verkauf. Eine Wohnung steht leer, weil sie gerade verkauft wird. Das heißt aber, es sind eigentlich alles Wohnungen oder auch natürlich Ein- und Zweifamilienhäuser, die relativ kurzfristig wieder dem Markt zugeführt werden oder wieder bewohnt werden. Und in den eher ländlichen Räumen, da nimmt diese Kategorie Sonstige zu. Und das ist leider nicht weiter differenziert Da können wir ein bisschen spekulieren. Aber bei sonstigen sind sicherlich auch, das sieht man bei der Dauer, eben solche Wohnungen drin, die schon sehr lange leer stehen. Und das heißt dann letztendlich einfach, die kann einfach nicht vermietet werden. Es findet sich kein Mieter oder kein Käufer für diese Wohnung. Oder sogar, das wissen wir auch, ein Teil des Leerstands ist wirklich bis hin zur Bauruine Das können auch Wohnungen sein, die einfach derzeit nicht bewohnbar sind. Wo man eigentlich noch investieren müsste. Das ist natürlich in Regionen mit einer niedrigen Nachfrage und einem geringen Preisniveau schwierig.
Jetzt zu heutigen Bau- und Sanierungskosten mit den Energiestandards, die man erfüllen muss, auch wenn: man zum Beispiel die Heizung austauschen muss, in ein Gebäude oder ein Wohnhaus eine Wohnung zu investieren, an einem Markt, wo man nicht weiß, ob man dann einen Mieter dafür findet. Wo ja auch die Preise sonst relativ günstig sind. Also das ist sozusagen auch wieder so ein Teil dieser Polarisierung. Wir haben die engen Märkte da gibt es auch Leerstände im kleinen Umfang, die können relativ schnell dem Markt wieder zugeführt werden. Da wird sich auch in der Regel immer jemand finden, der das mietet oder kauft. Und wir haben eben die Märkte wo es einfach einen Überhang gibt. Und dieser Überhang ist natürlich ein echtes Problem. Daniel Korth: Dieser Überhang ist ja überwiegend dann in den ländlichen Regionen und wir haben ja eben über den demografischen Wandel schon gesprochen. Das wird ja dann auch einen Effekt haben auf den Leerstand dann in den ländlichen Regionen.
Jan Grade Ja, also das sagen wir auch immer im Blick sozusagen auf den Neubau Also wir haben zuletzt 300.000 Wohnungen ungefähr fertiggestellt pro Jahr, etwas weniger, aber ein ganzer Teil dieser Wohnungen wurde in solchen Regionen fertiggestellt, wo wir jetzt schon einen Überhang haben, also: Leerstand. Das heißt, wir produzieren zum Teil neuen Wohnraum. Auch aus guten Gründen weil da sind Haushalte, die sagen, ich möchte gerne ein neues Haus ziehen, ich möchte mich gerne vergrößern ich möchte gerne was umsetzen was sozusagen meinem Anspruch entspricht, die sich das leisten können. Und die Grundstücke sind in solchen Regionen eher günstig. Das heißt, die können das dann auch gut finanzieren. Aber jede zusätzliche Wohnung, die ich in so einem Markt aufbauen Dazu bringe sorgt dafür, dass eine Wohnung am Ende leer steht. Wenn dieser Haushalt eben aus seiner Wohnung auszieht dann wird sich vielleicht für deren Wohnung noch ein Nachmieter finden, vielleicht danach auch noch, aber in der Umzugskette am zweiten, dritten vierten Glied irgendwann steht dann sozusagen eine Wohnung leer. Also wir haben immer noch Angebot geschaffen. Und deswegen gibt es ja auch, also in Ostdeutschland ist das schon intensiv ja auch in den 90ern betrieben worden, auch in den Nullerjahren Rückbau. Also das ist tatsächlich auch ein Thema. Also was mache ich mit diesen Überhängen Ich habe dann teilweise, gerade zum Beispiel der Plattenbau in Ostdeutschland ist so Beispiel.
Oder es gibt ja: auch in Westdeutschland zum Teil diese Siedlungsstrukturen aus den 70ern. Wenn ich jetzt in einer Region bin mit einer niedrigen Nachfrage, sind natürlich solche Strukturen, auch wenn die nicht in Wert gesetzt, nicht in Stand gesetzt sind, haben immer eine relativ hohe Gefahr, dass sie zunehmend leer stehen. Vor allem, wenn sie dann noch am Stadtrand liegen oder schlecht erschlossen sind. Und sowas kann sich dann auch kumulieren. Wir gehen eben davon aus, in den Prognosen in manchen Regionen wird die Bevölkerung zurückgehen und auch die Zahl der Haushalte wird an einem gewissen Punkt sinken Zum Teil bleibt die noch stabil oder steigt noch. Das liegt daran, dass weniger Familien da sind, aber zum Teil sich Haushalte aufteilen. Wir haben ja ältere Menschen, haben mehr kleine Haushalte Das heißt, die Zahl der Haushalte kann auch eine Weile stabil bleiben, aber irgendwann geht die auch zurück. Und da werden halt immer mehr Wohnungen sozusagen übrig bleiben.
Und der Leerstand wird im Ergebnis zunehmen und das ist wir haben auch eine Leerstandsprognose wo wir sozusagen schauen, was ist die Differenz zwischen möglichem Neubau, da muss man ein bisschen spekulieren wie viel tatsächlich gebaut wird und der Entwicklung der Haushalt und je nachdem gibt: es Regionen wo der Leerstand erheblich ist. Nach oben gehen wird, also wo wir einen Überhang haben. Und das gilt dann auch für das Ein- und Zweifamilienhaussegment. Also wenn die Menschen auch dort älter werden, irgendwann aus dem Haus ausziehen, wird sich auch für so ein Haus zum Teil kein Käufer mehr finden, weil einfach gar nicht so viele Käufer auf dem Markt vorhanden sind. Daniel Korth: Ja, oder die Sanierungskosten dann eben auch exorbitant hoch sein können. Jan Grade: Das kommt dann noch erschwerend hinzu. Und auch dann ist halt die Frage, baue ich dann doch neu? Ja Oder habe ich halt eine große Auswahl und suche mir von dem das, was sozusagen auch noch am besten ist, was noch die beste Lage hat oder noch den besten Standard verspricht oder am einfachsten zu sanieren ist, ein schönes Grundstück hat. Und dann werden halt solche Immobilien auch funktionieren aber die Immobilien die halt sozusagen Probleme haben, ungünstig geschnitten sind, hohen Sanierungsstau haben, die werden dann wahrscheinlich übrig bleiben Daniel Korth: Ich habe jetzt noch eine letzte Frage zum Abschluss. Wenn Sie anhand der Daten jetzt eine Prognose wagen wollen, wohin bewegt sich denn der Immobilienmarkt in Deutschland in den kommenden fünf Jahren?
Jan Grade Ja, das ist sozusagen gerade ein Stück weit die: Schlüsselfrage. Also ich sagte am Anfang, wir sind sozusagen in einer Talsohle. Man kann schon durchaus sagen, wir sind vielleicht so am Ende der Talsohle. Es mag vielleicht wieder leicht aufwärts gehen. Also ich wäre auch grundsätzlich erstmal leicht positiv gestimmt, weil sozusagen... Zwei Punkte. Das eine ist, dass sich sozusagen der Markt erstmal, die Transaktionen wieder ein bisschen beleben. Kaufpreise haben die Talsaule durchschritten Stärker steigende Mieten sind jetzt für den Haushalt, der eine Wohnung sucht erstmal nicht so gut, kann aber erstmal aus Investorensicht erstmal heißen dass ich sozusagen auch eine geringe Distanz zwischen Kaufpreisen und Mieten wieder habe, dass sich das Vermieten wieder noch ein bisschen mehr lohnt. Also ich habe erstmal eine gewisse Marktbelebung, das ist erstmal ganz positiv. Demgegenüber steht der fehlende Neubau, das ist halt ein echtes Problem, also auch das Thema Knappheit wird erstmal nicht weggehen. Normalerweise haben wir am Zyklusende typischerweise irgendwann einen Punkt, wo wir... Sehr viel noch bauen, aber die Nachfrage ein bisschen zurückgeht.
Das wäre sozusagen ein klassisches Zyklusende und das haben wir gerade nicht. Wir haben halt: eins, wo die Nachfrage noch vorhanden ist, aber der Neubau fehlt, was halt auch die Preise noch wieder ein bisschen antreiben wird. Also das ist sozusagen der eine negative Punkt, den ich sehe. Meine Hoffnung wäre jetzt sozusagen, dass innerhalb von fünf Jahren auch die ein oder andere politische Weichenstellung kommt, dass man auch bei sowas wie diesen Landesbauverordnungen endlich mal zum Zuge kommt, Dinge auch vereinfacht und wieder ein bisschen mehr Belebung schafft, dass auch Neubau sich wieder lohnt. Also da müssen verschiedene Seiten aufeinander zugehen. Da müssen die Nachfrager auch vielleicht ein bisschen vom Standard weg und die Kommunen ein bisschen von den Vorgaben und so weiter. Also da sind verschiedene Akteure, die sich alle aufeinander zubewegen, dass sozusagen ein Verhandlungsfeld Und meine Hoffnung ist einfach jetzt sozusagen in naher Zukunft, ein, zwei Jahren wird sich das wieder ein bisschen drehen.
Neubau wird wieder ein bisschen einfacher, wir werden den Markt wieder ein bisschen beleben. Interesse der Investoren ist sicherlich da. Deutschland ist ein attraktiver Markt mit einer hohen Nachfrage. Also grundsätzlich auch für Investoren ein gutes Marktumfeld. Von daher wäre ich erstmal: positiv gestimmt grundsätzlich. Aber schwierig wird es trotzdem. Daniel Korth: Ja, das hängt ja jetzt auch vieles an den Neuwahlen und an der Konstellation die dann entstehen wird. Und wir haben es ja jetzt gerade 2024 und auch 2023 gesehen. Gerade beim Thema Sanierung schwingt auch eine gewisse Angst mit. Was kommt da dann als nächstes und wie viel muss ich jetzt als Hausbesitzer oder Immobilienbesitzer allgemein da nochmal investieren? Und das schreckt viele ab, jetzt auch eine Immobilie zu kaufen. Jan Grade: Ja, also das Problem Verunsicherung ist sozusagen auch ein Blick auf politische Weichenstellungen auf Förderprogramme die zum Teil zu schnell wieder leer sind oder sich nicht richtig rechnen Wir brauchen eine gewisse Verlässlichkeit und das wäre sehr wichtig.
Dann denke ich bin ich halt grundsätzlich erstmal positiv gestimmt. Aber da müssen wir ganz dringend an den Neubau ran und dafür brauchen wir eben ein verlässliches Marktumfeld. Und auch sowas wie die kürzliche Debatte zum Thema: Mietpreisbremse Auch wenn das wahrscheinlich so nicht kommen wird, aber das hilft dann nicht. Das verunsichert auch Investoren dann wieder, die halt rechnen müssen, die überlegen müssen, wie kann ich diese Immobilie über einen gewissen Zeitraum finanzieren und die mit Mieteinnahmen rechnen. Und so eine Verunsicherung das können wir gerade halt nicht mehr brauchen. Da hatten wir in letzten Jahren Auch durch externe Faktoren wie Ukraine und so weiter genug. Wir brauchen einfach eine gewisse Verlässlichkeit und Sicherheit. Daniel Korth: Herr Grade, ich danke Ihnen sehr herzlich für das interessante Gespräch. Ich glaube, da kam eine ganze Menge rüber und ich fand es sehr belebend und bedanke mich herzlich für Ihre Zeit. Jan Grade: Ja, vielen Dank. Schön, dass ich dabei sein konnte. Perfekt.
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